

Was wäre, wenn ein kleiner Angestellter aus Hannover plötzlich zum gefürchteten
Enthüllungsjournalisten eines bekannten Hamburger Nachrichten-Magazins wird?

LESEPROBE
Position 52°22’33“N - 9°43’55“E – Hannover/Deutschland
Alles war wie immer.
Das Aufwachen war wie immer. Der aussichtslose Kampf gegen den inneren Schweinehund war wie immer. Die Stimmung war wie immer. Und der Gedanke an den Job sowieso. Öde. Ein besseres Wort dafür gab es nicht. Vielleicht noch langweilig oder perspektivlos oder freundlos. Aber öde traf es am besten.
Es war Mitte Januar. Montag. Kurz vor halb acht. Der Tag versprach genau das, was ein verregneter, trüber, winterloser Januar-Morgen in Hannover anzubieten hat. Nämlich nichts. Vielleicht gerade noch die Erkenntnis, dass Aufstehen reine Energieverschwendung war, zumal Alex’ komplizierte Gefühlswelt Achterbahn fuhr und nirgendwo ein Haltepunkt in Sicht war. Allerdings, auch das war wie immer. Genau wie die Konsequenzen daraus. Null Bock, das zweite Auge zu öffnen. Null Antrieb, sich auch nur ansatzweise diesem Schmuddel-Tag zu stellen. Null Motiviation, das zu tun, was die meisten Menschen Montagmorgens taten: aufstehen und arbeiten.
Warum Gedanken machen? Im Grunde war es doch vorprogrammiert. Alex würde liegen bleiben, sich diesen ganzen Tagesanfangsstress ersparen und morgen dann einen einleuchtenden Grund finden, warum es heute einfach nicht gegangen war. Unerträgliche Gliederschmerzen vielleicht. Oder ein beängstigendes Zerren im Unterbauch, die eine Blaulicht-Fahrt in die Notaufnahme nötig gemacht hatte. Oder die Klassiker: Badewanne übergelaufen. Stromausfall in der Tiefkühltruhe. Endloses Warten auf Handwerker. Das machten doch alle so. Montags war der Tag mit den meisten Aus-, Un- und Zufällen. Und heute würde er eben mal mitmischen. Aus, die Maus! Völlig erschöpft von dem schwierigen Entscheidungsprozess kuschelte er sich wieder in seine Decke und versuchte, noch mal einzuschlafen. Es blieb bei dem Versuch. Jetzt war es die Natur, die ihren Preis forderte. Die Morgenlatte drängte und wollte Entladung. Und je mehr er dagegen arbeitete, desto intensiver meldete sich seine Blaseund gab schließlich ein letztes Warnsignal, weil sie kurz davor war, das Problem selbst zu lösen. Allerdings auf nicht besonders ästhetische Art. Alex stöhnte auf. Alles war heute morgen zum Kotzen. Scheiss-Montag, Scheiss-Arbeit, Scheiss-Leben. Und genauso fühlte er sich, als er aus dem Bett sprang und mit zusammengekniffenen Beinen ins Bad stolperte, um der Blase im allerletzten Moment zuvorzukommen. Als er den letzten Tropfen abschüttelte, fühlte er sich mutlos, lustlos, perspektivlos, antriebslos, ziellos. Aber auch das war wie immer.
Dabei hatte die neue Woche in ihrer wabernden Langweiligkeit gerade erst begonnen und fühlte sich doch schon an wie abgestandenes Bier. Weit und breit kein Kick, diese Öde wenigstens ein kleines bisschen zu versüßen. Kein spontanes Herzklopfen bei dem Gedanken an eine Frau. Keine Vorfreude auf eine besondere Verabredung. Keine Spontan-Erektion bei der Erinnerung an den letzten One-Night-Stand. Kein wildes Wochenend-Erlebnis, um die nächsten Tage davon zehren zu können. Wochenendhauptbeschäftigung war es wieder mal gewesen, die Zeit totzuschlagen. Die Zeit, auf die man fünf nervenaufreibende Arbeitstage hingearbeitet hatte, um anschließend die depremierende Dürre des Wochenende zu erleben. Aber auch das war wie immer. Genauso wie die Aussicht, jetzt wieder ins Hamsterrad klettern zu müssen und auf das nächste, Wochenende zu hoffen, das wahrscheinlich dann wieder genauso öde wurde wie dieses. Krank. Total krank. Oder eben öde. Jetzt war er ganz sicher, heute würde er liegen zu bleiben.
An seinem 33. Geburtstag wird die vertraute Welt von Alex Bergmann auf den Kopf gestellt. Nach einer feucht-fröhlichen Fete in seiner Stammkneipe wacht er völlig derangiert in einer fremden Wohnung auf, weiß weder, wo er ist geschweige denn, wie er dorthin gekommen ist, noch kennt er die Frau, die neben ihm liegt. Geburtstagsüberraschung Nummer zwei ist das Geschenk seiner Tante, der alleinstehenden Schwester seines Vaters: eine Südseereise auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff. Dass er in der für ihn ungewohnten Umgebung von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt, könnte man noch als Lehrgeld verbuchen. Dass er aber durch die ständig brodelnde Gerüchteküche an Bord des Luxusdampfers vom kleinen Anzeigenleiter aus Hannover zum Enthüllungsjournalisten eines Hamburger Nachrichtenmagazins avancviert und plötzlich sogar in einen internationalen Waffenschmuggel verwickelt wird, ist schon schwerwiegender. Vor allem, weil er Null Ahnung hat, wie er aus dieser Sache wieder rauskommen soll.
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SEETAGE - Die Lust am Untergang
Roman, 492 Seiten
ISBN 978-3-7323-7489-2
Paperback € 14,99 -
erhältlich im Buchhandel, als eBook, z.B über amazon.de und unter tredition.de.